Die Medien überschlagen sich derzeit mit der Meldung, die als Pressemitteilung von den Tafeln in Deutschland herausgegeben wurde. Zehn Prozent mehr Menschen nutzen die Tafel und besonders dramatisch ist der Anstieg der Senioren (20 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren).
947 Tafeln in Deutschland unterstützen aktuell insgesamt 1,65 Millionen bedürftige Menschen und leider sind die geretteten Lebensmittelspenden kaum gestiegen, gestiegen ist aber der Rückgang des ehrenamtlichen Engagements. Die Tafeln – also der Verein Tafel Deutschland e.V. – fordert jetzt eine finanzielle Unterstützung des Staates nach europäischem Vorbild.
Die Entwicklungen sind erschreckend
Innerhalb eines Jahres ist die Anzahl der Menschen, die die Angebote der Tafeln nutzen, um zehn Prozent gestiegen. Aktuell kommen 1,65 Millionen Menschen regelmäßig zu den Tafeln. Besonders bei Senioren, die Rente oder Grundsicherung im Alter beziehen, ist der Anstieg mit 20 Prozent dramatisch. Niedrige Renten sind damit nach Langzeitarbeitslosigkeit der zweithäufigste Grund eine Tafel aufzusuchen. „Diese Entwicklung ist alarmierend – und sie ist erst der Anfang. Altersarmut wird uns in den kommenden Jahren mit großer Wucht überrollen“, warnt der Vorsitzende von Tafel Deutschland e.V., Jochen Brühl.
Völlig inakzeptabel sei nach Angaben der Tafel auch der Anstieg der Kinder und Jugendlichen. Fast 50.000 mehr junge Menschen sind auf die Unterstützung mit Lebensmitteln angewiesen. Insgesamt liegt ihr Anteil bei 30 Prozent der Tafel-Nutzer. „Wir leisten es uns in Deutschland, Kinder systematisch zu vernachlässigen. Wer als Kind arm ist, hat kaum Chancen, sich aus dem Armutskreislauf zu befreien. Hier wachsen wegen struktureller Nachteile die Altersarmen von Übermorgen heran“, so der Vorsitzende weiter.
Die Tafel ist auf Hilfe angewiesen
Obwohl immer mehr Menschen die Unterstützung der Tafeln suchen, kann die Organisation im Vergleich zum Vorjahr nur unwesentlich mehr Lebensmittel retten. Den Tafeln fehlt es an Geld für mehr Kühlfahrzeuge und Lagerkapazitäten und vor allem brauchen sie mehr Helferinnen und Helfer. Weltweit wird jedes dritte produzierte Lebensmittel weggeworfen. Im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele hat sich auch Deutschland verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren. „Aus Sicht der Tafeln sind wir deshalb an einem Wendepunkt angelangt.
Die Tafeln fordern finanzielle Unterstützung des Staates bei der Rettung und Verteilung von Lebensmitteln. Das Ehrenamt kommt hier an seine Grenzen“, so Jochen Brühl. In fast allen europäischen Ländern werden Tafeln und Lebensmittelbanken längst von der Öffentlichen Hand mitfinanziert. Eine Verantwortung sehen die Tafeln auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern: „Jede und jeder kann in seinem eigenen Kühlschrank zum Lebensmittelretter und Klimaschützer werden.“
Die über 940 gemeinnützigen Tafeln in Deutschland sammeln einwandfreie überschüssige Lebensmittel von Händlern und Herstellern und verteilen diese regelmäßig an etwa 1,65 Millionen bedürftige Menschen im ganzen Land. Damit schaffen sie eine Brücke zwischen Überfluss und Mangel. Mit rund 60.000 Ehrenamtlichen, die sich bei den Tafeln engagieren, sind die Tafeln eine der größten sozial-ökologischen Bewegungen in Deutschland. Organisiert sind die Tafeln im Dachverband Tafel Deutschland e.V. Weitere Infos unter www.tafel.de.
Foto: Dagmar Schwelle / Tafel Deutschland e.V.
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